Roboter – die intelligenten und lernfähigen Werkzeuge der Zukunft

Wie autonome Roboter Helfer und Kollegen der Menschen werden können

Erst vor kurzem hat Prof. Dr. Sami Haddadin und sein Forschungsteam mit Simon Haddadin und Sven Parusel für ihren kostengünstigen, flexiblen und einfach zu bedienenden Roboter den Deutschen Zukunftspreis 2017 erhalten. Doch was steckt hinter dem Konzept dieses Roboters? In seiner Keynote auf der MATLAB EXPO im Sommer letzten Jahres sprach Sami Haddadin über seine Vision der Robotik für die Zukunft und welche Schritte heute bereits dafür getan werden können.

Der Stand der Technik
Prof. Dr. Sami Haddadin definiert Roboter als intelligente, lernfähige Werkzeuge, die in der Lage sind, den Menschen zu unterstützen, und verortet sie so als nächste Entwicklungsstufe der Werkzeuge in einer Linie nach Steinkeil, Dampfmaschine und Computer.

Dennoch sind die meisten Roboter heute noch weit davon entfernt, selbstständig handeln zu können. Stattdessen stehen sie hinter Schutzzäunen und absolvieren immer die gleichen Arbeitsabläufe. Zudem beschränken sich ihre Freiheitsgrade meist auf sechs oder höchstens zwölf Dimensionen. Das bedeutet: Die Roboter, die heute im Einsatz sind, fungieren zum größten Teil als Produktionsmaschinen mit festgelegten Aufgaben und sind abgeschottet vom Menschen.

Eine Revolution in der Mensch-Maschine-Interaktion
Der technische Fortschritt der letzten Jahre hat es möglich gemacht, Robotern einen neuen Platz in unserer Arbeitswelt aber auch im privaten Bereich geben zu können. Ein wichtiger Punkt ist, dass wir nun den Robotern beibringen können, mit dem Menschen zu interagieren. Besonders wichtig ist in diesem Punkt die Ingenieurstechnologie, die den Roboter hochbeweglich macht. So verfügt zum Beispiel der vom DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) entwickelte Roboter Agile Justin über 53 Freiheitsgrade.

Ebenso zentral für die Interaktion mit dem Menschen ist die Sensorik, mit der ein Roboter ausgestattet ist. Denn über Sensoren kann der Roboter seine Umwelt und so auch Menschen in seiner Umgebung wahrnehmen. Zudem kann er merken, wenn ein Mensch physisch mit ihm interagiert.

Vernetzung
Der Punkt, in dem Roboter dem Menschen schon einen großen Schritt voraus sind, ist die Vernetzung. Roboter können bereits heute untereinander kommunizieren und eine kollektive Intelligenz bilden. Genau hier können sie den Menschen auch weiter unterstützen, indem sie die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschineninformationen bilden. Dazu Haddadin: „Ein ganz zentraler Meilenstein, wenn nicht sogar Quantensprung der derzeitigen Entwicklung sind die Cobots, das heißt, Roboter, die mit dem Menschen interagieren können und zugleich miteinander vernetzt sind.“

Durch die Vernetzung untereinander sammeln die Roboter eine Vielzahl an Daten, die sie nutzen können, um aus ihnen zu lernen und Entscheidungen zu treffen. Diese autonome Handlungsfähigkeit macht den Roboter zu einem wertvollen Unterstützer. Denn ein autonomer Roboter kann mehr als nur eine vordefinierte Handlung ausführen, besitzt Lernfähigkeit und kann für verschiedene Zwecke und Tätigkeiten eingesetzt werden.

Autonome Systeme als Herausforderung für die Programmierung
Die Fähigkeit, selbstständig zu handeln, erfordert auch ein neues Level für Betriebssysteme und der Programmierung für Autonome Systeme, denn, so führt Sami Haddadin aus: „Ein Autonomes System interagiert mit einer potenziell unbekannten und fast nicht beschreibbaren Umwelt. Das muss auch in den Abstraktionsmodellen einer Software repräsentiert sein.“ Eine große Herausforderung ist beispielsweise das Sammeln der über die Sensoren gewonnenen Daten, die dann in Echtzeit zu einem kohärenten Bild der Umgebung zusammengefügt werden müssen.

Weiterhin ist es essentiell, das Autonome System mit Informationen und Szenarien zu trainieren, sodass es erlernt, selbst sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Gerade der Prozess des Trainings nimmt meistens viel Zeit und Ressourcen in Anspruch. Deshalb hat MathWorks vor kurzem die Möglichkeit in MATLAB eingeführt, auf bereits vortrainierte neuronale Netzwerke wie zum Beispiel GoogLeNet zurückzugreifen.

Digitale Unterstützung in allen Lebensbereichen
Je komplexer die Handlungen sind, die ein Roboter übernehmen soll, umso mehr Daten muss er in kürzester Zeit verarbeiten und daraus intelligente Handlungen initiieren können. Doch mit diesen Fähigkeiten steigt auch der Nutzen, den der Mensch aus ihnen ziehen kann.

Die klugen, digitalen Helfer könnten sowohl für die private Unterstützung im Alltag als auch für Industrieroboter in der Industrie 4.0, aber auch in der Medizinrobotik genutzt werden – etwa als Nanoroboter, die Medikamente im Blut verabreichen, ebenso wie als Exoskelette für die Rehabilitation. Noch hat die Forschung erst die ersten Schritte auf diesem Weg gemacht, aber die Möglichkeiten sind schon heute vielfältiger als je zuvor.

Den gesamten Vortrag von Prof. Dr. Sami Haddadin auf der MATLAB EXPO können Sie hier ansehen: https://de.mathworks.com/videos/robots-and-humans-in-the-digital-world-1504187986611.html

Eine sechsminütige Zusammenfassung mit allen Highlights finden Sie hier:  https://de.mathworks.com/videos/robots-and-humans-in-the-digital-world-highlights–1504187845588.html

Auch im nächsten Jahr lädt MathWorks am 26. Juni 2018 wieder zur MATLAB EXPO ein. Die Konferenz bietet neben Vorträgen zu aktuellen Trends aus Forschung und Entwicklung auch die Möglichkeit, sich über konkrete Anwendungsbeispiele auszutauschen.

Autonome Systeme als Chance für die Zukunft begreifen

Michelle Hirsch von MathWorks über die Entwicklung und den Nutzen von Autonomen Systemen

Autonome Systeme werden in naher Zukunft beinahe jeden Lebensbereich unserer modernen Gesellschaft berühren. Sie werden die Produktion maßgeblich verändern, aber sie werden auch das Arbeitsleben und Geschäftsstrategien deutlich beeinflussen, denn mit zunehmender Fähigkeit der Maschinen, uns alltägliche Dinge abzunehmen, bleiben den Menschen mehr Kapazitäten für kreative Arbeit. Was Autonome Systeme von bereits bestehenden automatisierten Systemen unterscheidet, welche Voraussetzungen für ihre Entwicklung erfüllt werden müssen und welches Potential sie mit sich bringen, ist ein Schwerpunktthema auf der diesjährigen MATLAB EXPO am 27. Juni in München. So erläutert Michelle Hirsch, Head of MATLAB Product Management bei MathWorks, diese Fragestellungen in ihrer Keynote „How to build an Autonomous Anything“.

Autonome Systeme in der Gesellschaft

„Der Begriff «Autonome Systeme» wird oft mit selbstfahrenden Autos, intelligenten Robotern oder automatisch navigierenden Drohnen in Verbindung gebracht“, meint Michelle Hirsch. „Doch Autonome Systeme haben auf ein viel breiteres Spektrum unseres täglichen Lebens Einfluss – etwa in Form einer Erntemaschine, die 300 Tonnen Getreide pro Stunde erntet und gleichzeitig in einen nebenherfahrenden Container ablädt. Dank Autonomer Systeme kann eine Gaspumpstation mit Predictive-Maintenance-System Schwachstellten erkennen und melden, bevor es zum Schaden kommt. Es kann aber auch ein automatisches Insulin-Infusionssystem sein, das es Diabetes-Patienten erleichtert, ihren Blutzuckerwert zu kontrollieren.“ Für die Entwicklung hin zu autonomer Technologie in nahezu jedem Bereich unseres Lebens sieht Hirsch drei treibende Kräfte: „Die Verfügbarkeit ständig steigender Rechenleistung und von Sensor-Technologie für die Datenerfassung und -Verarbeitung, Fortschritte in der Algorithmen-Entwicklung für die Analyse von Big Data sowie die Flexibilität, sowohl Cloud-Systeme als auch Embedded-Geräte für den Einsatz autonomer Technologie zu nutzen.

Der feine Unterschied zwischen Automation und Autonomer Technologie

Autonome Systeme eröffnen aufgrund ihrer Funktionalität und Anpassungsfähigkeit die Möglichkeit für vielfältige Einsatzmöglichkeiten in der Industrie, in der Forschung und im alltäglichen Leben. Der Einsatz autonomer Technologien in bestehenden Produkten oder Dienstleistungen erhöht den Wettbewerbsvorteil des Herstellers, beispielsweise durch steigende Effizienz, höhere Flexibilität sowie Zeit- und Kosten-Einsparungen. Doch was genau sind Autonome Systeme und wie unterscheiden sie sich von herkömmlichen Maschinen?

Autonome Systeme besitzen die Fähigkeit, selbstständiges Handeln erlernen zu können. Darin ähneln sie stark automatischen Systemen, die in der industriellen Produktion bereits weit verbreitet sind. Der Unterschied liegt in der Fähigkeit, dieses selbstständige Handeln auch unter unbekannten Bedingungen ausführen zu können. Ein automatisierter Roboter ist in der Lage, in einer kontrollierten Umgebung bestimmte Handlungen selbstständig auszuführen. Ein autonomer Roboter kann sich darüber hinaus in unbekannten Umgebungen ohne menschliche Steuerung zurechtfinden und diese erforschen.

Wie ein autonomes System entsteht

Diese Fähigkeit, auf Neues zu reagieren und selbstständig zu handeln, bedarf hoher technischer Leistungen. So erklärt Michelle Hirsch: „In meiner Keynote auf der MATLAB EXPO möchte ich Ingenieuren zeigen, wie sie Autonome Technologien in ihre Arbeit integrieren können. Um zum Beispiel ein selbstfahrendes Auto zu entwickeln, muss man es als erstes mit der Fähigkeit zur Sinneswahrnehmung ausstatten, zum Beispiel mit Kameras, GPS, Infrarot-Sensoren zur Erkennung von Distanzen und Bewegungen von Objekten und LIDAR, um ein 3D-Modell der Umgebung zu erstellen.
All diese einzelnen Daten müssen nun zu einem kohärenten Bild zusammengefügt und interpretiert werden. Genau bei diesem Punkt kommen Autonome Technologien ins Spiel. Da die Verkehrssituation auf den Straßen stets unterschiedlich ist, müssen Algorithmen entwickelt werden, die unbekannte Daten analysieren und verstehen können. Mithilfe von Deep-Learning- und Machine-Learning-Algorithmen können autonome Fahrzeuge die Situation auf der Straße einschätzen und sogar identifizieren, welche Fußgänger aufmerksam sind und welche nicht.
Anschließend folgt der Prozess der Entscheidung, etwa ob das Fahrzeug bremst oder die Spur wechselt. Auch hier kommen Algorithmen zum Einsatz. Mit jeder getroffenen Entscheidung wird der Erfahrungsschatz des Systems größer und der Entscheidungsprozess wird optimiert. Deshalb ist es wichtig, dass ein System viele Tausende von Testkilometer zurücklegt, um immer sicherer in seinen Entscheidungen zu werden.“

Für die Einführung von Autonomen Systemen vertritt Hirsch einen inkrementellen Ansatz: von deterministisch kontrollierten zu überwachten bis hin zu automatisiertem Betrieb und schließlich zu völlig autonomen adaptiven Systemen. Allein aus praktischen und sicherheitsrelevanten Überlegungen ergibt sich diese schrittweise Vorgehensweise, im Zuge derer Entwickler und Anwender lernen, mit den neuen Technologien umzugehen und diese gewinnbringend einzusetzen.

Autonome Systeme als Entlastung für Menschen

Noch befinden sich die ersten autonom fahrenden Autos in der Testphase, doch andere Autonome oder Teil-Autonome Systeme sind bereits erfolgreich im Einsatz. „Autonome Technologie ermöglicht es uns, Verantwortung für eine Vielzahl von Entscheidungen auf Computer zu übertragen“, so Michelle Hirsch. „Das gibt Menschen die Möglichkeit, ihre Zeit für die Dinge zu nutzen, die ihnen wichtig sind. Gut trainierte Computer können konstantere Leistung erbringen als Menschen und so zum Beispiel im Straßenverkehr für mehr Sicherheit sorgen. In anderen Bereichen ist es nicht das Ziel, die Verantwortung komplett an Maschinen zu übertragen. Dennoch können Autonome Systeme auch in diesen Bereichen die Menschen teilweise entlasten. Diese Zeit können wir nicht nur als Freizeit nutzen, sondern auch, um an neuen Entwicklungen zu forschen oder neue Business-Strategien zu entwickeln. Auch können Autonome Systeme Aufgaben übernehmen, die für Menschen zu gefährlich sind und so für mehr Sicherheit für Hersteller sorgen.“

 

Mehr Informationen zur Entwicklung Autonomer Systeme und konkrete Anwendungsbeispiele gibt Michelle Hirsch in ihrer Keynote “How to build an Autonomous Anything“ auf der MATLAB EXPO am 27. Juni 2017 in München.

Unter www.matlabexpo.de können Sie sich kostenfrei für die MATLAB EXPO registrieren.